
Ein Besuch bei fairafric
Folgt man dem National Highway 6 aus Accra nach Norden, entsteht der Eindruck, sich immer mehr ins Ländliche zu bewegen. Mitten in dieser Gegend befindet sich die Fabrik des deutsch-ghanaischen Schokoladenherstellers fairafric.
„Die Wahl dieses Standorts war durchaus Absicht“, erklärt Audrey Marmon-Halm, Quality Manager des Unternehmens. „In dieser Region haben wir große Wachstumspotenziale, besonders auch, was die Fläche angeht – und genau diese werden wir in den nächsten Jahren brauchen.“ Denn bis 2030 will das Unternehmen 10.000 gut bezahlte Arbeitsplätze in Ghana schaffen und die Infrastruktur vor Ort ausbauen.
Nicht zu übersehen sind die 578 Solarpanels, die das gesamte Fabrikdach abdecken. Damit reduziert die Fabrik die Abhängigkeit vom lokalen Stromnetz. Das ist laut Audrey Marmon-Halm wichtig: „So können wir auch bei Energieproblemen in der Region eine stabile Produktion gewährleisten.“
fairafric ist eine Erfolgsgeschichte. 2016 gegründet, ist fairafric das einzige europäische Unternehmen, das die Wertschöpfung von Bio-Schokolade, von der Bohne bis zur fertig verpackten Tafel, ins Ursprungsland des Rohstoffes Kakao, nach Ghana verlagert hat. Am südlichen Rand der Eastern Region, rund 1,5 Autostunden von Accra entfernt, befindet sich seit 2020 die hochmoderne Produktionsanlage für Schokolade.
Aber nicht nur auf der technischen Seite, sondern auch im Bereich des Fairen Handels zeigt sich fairafric absolut vorbildlich. Das Unternehmen arbeitet mit den Farmer*innen von Yayra Glover Limited, einer der ersten Bio-Kakao-Initiativen in Ghana, zusammen.
In Ghana wird der Einkaufspreis für Kakao vom nationalen Cocoa Board (COCOBOD) einheitlich vorgegeben. Daher zahlt fairafric den Bäuer*innen zusätzlich zum Preis für die Kakaobohnen eine Bio-Prämie von 600 US$ pro Tonne sowie 400 US$ LID (Living Income Differential), wodurch sie ihr Haushaltseinkommen erheblich steigern können.
„Auch bei dem Erwerb weiterer Rohstoffe für die Schokolade, wie beispielsweise Mandeln oder Früchte, achten wir darauf, diese ausschließlich von fairen und biologisch-zertifizierten Lieferant*innen zu beziehen“, betont Audrey Marmon-Halm. „Dabei ist uns auch wichtig, möglichst Rohstoffe aus Afrika zu nutzen.“
Michael Marmon-Halm ist Managing Director der Fabrik in Amanase: „Ein Ziel ist es, auch Frauen eine berufliche Perspektive zu geben, daher haben wir uns selbst eine 50 % Quote auferlegt.“ Und diese erfüllt fairafric. „Wenn wir das Gesamtunternehmen einschließlich der Mitarbeiter*innen in Deutschland betrachten, sind wir sogar mittlerweile bei rund 60 % Frauen“, lacht Michael Marmon-Halm.
Alle fairafric Arbeiter*innen in der Produktion und ihre Familien sind zudem krankenversichert und das Unternehmen zahlt Löhne, die deutlich über dem ghanaischen Mindestlohn liegen. Auch für den Arbeitsweg aus den Wohnhäusern in der Umgebung ist gesorgt: Ein kostenfreier Bus holt alle Mitarbeiter*innen aus der Region ab und bringt sie zur Fabrik.
Doch fairafric will mehr. „Berufe im landwirtschaftlichen Bereich sind in Ghana verpönt“, weiß Michael Marmon-Halm. Das gelte auch für Karrieren in der Kakao-Industrie. Zudem herrscht eine übergroße Jugendarbeitslosigkeit und viele junge Menschen versuchen daher ihr Glück in den Städten. fairafric versucht, dem entgegenzuwirken und hat mit der neuen Marke Amanase eine Chocolaterie-Schule aufgebaut.
„Wir möchten, dass bewusst wird, wie komplex das Feld ist, wie viele Möglichkeiten in der Schokolade stecken“, so Michael Marmon-Halm. „Durch eine kostenfreie Ausbildung in der Chocolaterie-Schule erlernen vor allem junge Menschen aus der Region professionelle Fähigkeiten in der Schokoladenproduktion, die ihnen den Startschuss in ihr professionelles Leben geben.“
Doch auch vermeintlich Kleines fällt ins Auge: Die Verpackung von fairafric ist plastikfrei. Die Folie, die die Schokolade ummantelt, besteht aus einem Holzzellstoff, der aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt – und im hauseigenen Kompost biologisch abbaubar ist.

Die eigene Rolle beim Erfüllen der 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele ist fairafric bewusst. Das sieht man in vielen Bildern an den Wänden und erst recht bei jedem Aspekt der Produktion. Besucher*innen können direkt vor Ort Einblicke in die Betriebsabläufe gewinnen und bei fairafric’s farm-factory tour die komplette faire Schokoladenproduktion kennenlernen.